Dienstag, April 03, 2007

Abenteuerschauplätze im Vergleich: Folge 1

Taverne/Gasthaus

Ahh, die Taverne. Start- und Zielpunkt so mancher Abenteurerkarriere. Von simpel ("Hallo, ich will auf Abenteuerfahrt gehen, nehmt ihr mich mit?") bis vertrackt ("SL: Unter dem Bierkrug klebt ein Zettel mit folgender geheimen Botschaft...") hat schon so manche Kampagne in gastronomischen Sphären begonnen. Dies hat vermutlich seine Entsprechung im echten Leben - wenn bis an die Zähne bewaffnete, skrupellose Gesellen in der Fremde so richtig einem im Kahn haben, dann kann es nur zu Verstrickungen führen. Dann wacht man zwei Tage später aus seinem Vollrausch auf und steckt schon tief in der siebten Ebene des Dungeon. Oder im Bett mit der Frau des Fürsten, je nach Geschmack und Bosheit des SL.
Tavernen und Gasthäuser sind aber nicht nur Startpunkt für Kampagnen, sie sind auch ideal Schauplätze von Ereignissen. Insbesondere als leichte Kost "zwischendurch" geeignet. Wenn die Helden auf ihrer epischen Mission dem dritten heiligen Item hinterherjagen oder noch eine weitere Ebene der Verschwörung ("die Kammerzofe der Schwester des Königs ist eine sauronische Agentin??") entdeckt haben, dann kann es manchmal gut tun etwas heiteres dazwischen zu schieben. Ja, ich meine die Kneipenschlägerei. Immer wieder gern gesehen, eignet sie sich hervorragend um die tatsächliche Schlagkraft eines Charakters mal an standardisierten Dorfbewohnern auszutesten. Idealerweise sollte man nach jedem Stufenaufstieg mindestens eine dieser höchst heiteren Kloppereien anzetteln, zu Testzwecken versteht sich. Teilweise hat die örtliche Klientel, die da so an den Theken im "grünen Drachen" oder "zum Königskrug" herumhängt schon diese schwarz-gelben Aufkleber drauf. Crash Test Dummy's, halt. Nur nicht den Fehler begehen und eine Waffe ziehen -- immer hat der Wirt eine abgesägte Repetierarmbrust hinter dem Tresen oder die Stadtwachen kommen mit heulenden Sirenen gleich im Dutzend auf ihren Streifenpferden angefahren... ähm geritten. Und dann heisst es Ortsverlagerung in den Kerker, und Kerker kommt erst in einer späteren Folge dieser Artikelreihe.
Eine weiteres ganz klassisches Thema ist der Gemeinschaftsschlafraum. Dort steigen arme Abenteuer oder fahrende Ritter ab. Schnarchkonzert in Orchesterstärke, muss man annehmen. Und Geruch. Der durchschnittliche Abenteurer (Jupp Blöd, Kämpfer Stufe 2) hat nämlich nur einen Satz Kleidung und Socken. Wenn überhaupt. Und dann vierzehn Tage Wildnis und jeden Tag Kämpfen und so, und das im Sommer. Und dann Dachkammer ohne Fenster. Ich will es mir nicht vorstellen. Das muss auf die traumatischen Jugendherbergserinnerungen der Spieleschreiber zurückgehen.
Jedenfalls. So ein Schlafraum ist eine Sache für sich. Wenn ein müder Abenteurer da mal eine Nacht ohne versuchten Diebstahl, Meuchelmord, amoröse Verwechslung oder Wanzenepidemie ("Stufe 0, die sind Stufe 0?? Gibt das EP wenn ich mich kratze?") überlebt, dann kann er sich glücklich schätzen. Stress ist gar kein Ausdruck.
Ja, da kommen wir zur negativen Seite der Taverne im Rollenspiel. Es ist ein unglaublich gefahrenlastiger Ort. Schnell hat man sich in einer standardisierten Schlägerei die drei großen Freunde des Dummy's oder gar den Zorn des ganzen Dorfes zugezogen, hat im Gemeinschaftsschlafraum eine geheime Agentenbotschaft zugesteckt bekommen oder aus Versehen die reisende Tochter des Kalifen von Haumichweg geschwängert. Und alles nur, weil man ein Bier, ein Stück Braten und seine Ruhe haben wollte. Eigentlich kann man jedem Abenteurer, der noch etwas anderes zu tun hat nur raten -- bleib in der Wildnis, kauf dir ein Zelt wenn es sein muss, aber lieber den nächtlichen Begegnungswurf riskieren als den SL mit einer Einkehr im Gasthaus "Zum stereotypen Handlungsstrang" auf dumme Gedanken bringen...
(Überhaupt, wie machen die das in den Tavernen immer mit der Auswahl an Braten? Ich stell mir mal vor, ein Gasthaus an einer dieser Fantasystraßen, wo die obligatorische Zwergenkaravane in der Woche mal vorbeischaut. Warum haben die den ganzen Tag mehrere Braten in der Röhre? Was geht da vor? Und wieso wird das Fleisch nicht trocken? Eines Tages wird es ein Abenteuer geben, das diese Mysterien aufklärt. Und die Spieler werden leiden, das steht fest.)

Bewertung für "Taverne/Gasthaus":
Sterbepotential: 3/10 ... ja, es gibt durchaus Gefahren, aber über eine gebrochene Nase und ein vollgekotztes Hemd geht es dann meist doch nicht hinaus. Eher stressig als wirklich gefährlich.
Gewinnpotential: 3/10 ... in den allermeisten Fällen, besonders wenn es richtig hoch her geht, ist der Goldbeutel am Ende eines Gasthaus-Events leerer als vorher. Ausser die Taverne ist ein klassischer Rekrutierungsort, ala "Trolltöter gesucht, Lohn 5GS/Troll VB". Für gewitzte Diebe gilt allerdings eher sogar 5/10. Besonders wenn die tumben Krieger gerade am Boden zwischen den Zigarettenkippen ringen, passen sie zumeist nicht auf ihre magischen Items auf...
Fun-Factor: 8/10 ... hier zeigt der Abenteuerort "Taverne" seine Stärke. Einige der ulkigsten Anekdoten eines Abenteurerlebens können hier ablaufen. Ausserdem kann man wunderbar Spiel und Realität verschwimmen lassen. Prost!
Grusel-Factor: 2/10 ... ja, man hat vom Wirtshaus im Spessart gehört, und auch gruselig hässliche Kellnerinnen soll es geben. Aber nein, wirklicher Grusel kommt in einem Gasthaus an sich nicht auf.
Gesamtwertung: 7/10 ... hier fällt der Fun-Factor sehr stark ins Gewicht, mindestens ein Tavernen-Abend sollte jede Kampagne haben. Ein Muss für jeden SL.

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